Anno Domini 1517

Seit vielen Jahren gibt es in der Kreuzkirche eine kleine Anspielgruppe, die vor allem zum Reformationsfest im Herbst ein größeres Stück im Gottesdienst darbietet. In diesem Jahr orientierte sich die mittlerweile schon routinierte Autorin der Gruppe, Helga Westerhoff, an dem Buch des Historikers Heinz Schilling „1517. Weltgeschichte eines Jahres“. Regie führte Rahel Westerhoff.

Drei Engel

Auf der Kanzel erschienen gleich zu Beginn drei Engel: Michaela, Gabriella und Raphaela. Sie blickten vom Himmel aus auf die weltweiten Geschehnisse des Jahres 1517 zurück und nahmen die Bestrebungen der damaligen Herrscher unter die Lupe.

Drei Herrscher: Kaiser, Sultan, Zar

Karl, der kein Spanisch sprach, klärte die ungewisse Thronfolge in Spanien zu seinen Gunsten. Im Nahen Osten herrschte Sultan Selim über das osmanische Reich. Mit seinem Heer siegte er über die Mameluken in Kairo und erkämpfte sich die Vorherrschaft in der muslimischen Welt. In Europa bekam man Angst vor diesem mächtigen Gegner. Der Patriarch von Moskau verkündete mit donnernder Stimme, dass Moskau das dritte Rom sei und dass es ein viertes nicht geben werde. Dorthin schickt Kaiser Maximilian I. Siegmund von Herberstein, um einen Friedens18 – Aus den Gemeinden schluss zwischen Russland und Polen zu bewirken. Er hoffte auf ein offenes Ohr bei Zar Vasilij III., um im Schulterschluss der christlichen Herrscher gegen die Osmanen eine vereinte Front zu bilden.

Vier Denker

In diesem Jahr liefen die Druckerpressen auf Hochtouren. Machiavelli war in seiner Abhandlung „Il Principe – der Fürst“ der Überzeugung, dass ein Herrscher je nach der politischen Notwendigkeit nach moralischen Gesetzen handeln und zur Stabilisierung der Macht auch die Religion einsetzen muss. Thomas Morus hingegen erzählte in seiner „Utopie“ von einer neuen Welt, in der kein einzelner Fürst herrschte, sondern ein gewähltes Staatsoberhaupt. Korrupte Machthaber wären dort unbekannt, da alle für das Gemeinwohl arbeiten und versorgt werden. Jedermanns Bildung würde gefördert. Ohne Privatbesitz käme es zu keinen Ungleichheiten zwischen Arm und Reich. In „Klage des Friedens“ beklagt Erasmus von Rotterdam, dass jeder gegen jeden Krieg führt. Obwohl Deutsche, Franzosen und Spanier in ihren Fahnen das Kreuz trugen, wären sie sich feind. Er rief ins Publikum: „Wollen wir die Türken zu Christen machen, seien wir erst selbst Christen“. Nikolaus Kopernikus schrieb eine Geldwerttheorie. Münzverschlechterung hielt er für eine der schlimmsten Plagen.

Herbersteins Gesandtschaft

Siegmund v. Herbersteins Gesandtschaft wird nach einer „unbequemen“ Reise in Moskau schließlich ehrenvoll empfangen. Allerdings gestalteten sich die Verhandlungen als schwierig und ein Friedensschluss war nicht zu erzielen. Dennoch wertete Siegmund die Reise nicht als Misserfolg, denn er konnte viel über das Land lernen. Z. B. fiel ihm auf, dass Gottesdienste in der Landessprache gefeiert werden.

Zurück nach Wittenberg

Nach einem Blick auf China, das die Portugiesen vergeblich zu erobern versuchten, kamen wir zurück auf die Ereignisse in Rom und Wittenberg. In Rom saß Papst Leo X aus dem Hause Medici auf dem Thron. Fotos: Wolf Aus den Gemeinden – 19 Ein gegen ihn geplanter Giftanschlag wurde aufgedeckt. Die Hoffnung der Christen auf eine Reform enttäuschte er jedoch. Martin Luther arbeitete in Wittenberg, wo er unermüdlich Briefe schrieb, an einer Studienreform. Die Lösung auf die Frage nach dem Seelenheil suchte er in der Bibel. Gottes Gnade erkannte er als einziges Mittel der Heilung. Denn auf die unermessliche Barmherzigkeit, die Liebe Gottes, seine Gnade und die Zusage Gottes, dass die Menschen nicht in Angst leben müssen, können wir vertrauen. Wir danken den Mitwirkenden der Anspielgruppe und unserer Organistin Frau Katrin von Zimmermann, Samuel Westerhoff für seine Unterstützung als Souffleur und Fabrice Weidlich für die visuelle Präsentation. Ein Dankeschön geht auch an das Theater Hof, das uns die Kostüme wieder kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. Ganz herzlich bedanken wir uns auch bei unseren Gästen für ihr Kommen.

Foto: Wolf